Professor Schmitt erwähnt Brauchtum 1894
Schon 1894 erschien von Professor Emil Schmitt (1858-1947) eine Veroeffentlichung mit dem Namen „Sagen, Volksglaube, Sitten und Braeuche aus dem Baulande (Hettingen)“. Hier schreibt er auch über Todaustragen an Laetare (4. Fastensonntag).
„Am Sonntag Laetare wird von der Dorfjugend eine Strohpuppe angefertigt, mit alten Kleidern versehen und auf eine lange Stange gesteckt. Das Ankleiden geschieht immer in der selben Scheuer, die seit Menschengedenken dieses Vorrecht für sich in Anspruch nimmt. Die Strohpuppe heisst der ‚tote Degen’ (Held). Am Nachmittag wird der ‚tote Degen’ ausgetragen. Die Jugend folgt mit hoelzernen Saebeln. Von Zeit zu Zeit wird die Schreckgestalt abgelegt und mit den Saebeln bearbeitet.
Der Zug bewegt sich zur Gemarkungsgrenze, allwo der ‚tote Degen’ ins Wasser geworfen wird. Fuer den der ganzen Gemeinde geleisteten Dienst heischen die Jungen dann von Haus zu Haus , ihren Lohn unter absingen des Spruches: Hutzel, Hutzel herer, der Pe-idr is scherer, der Pe-idr is e guddr Mann, er geit uns alles was erkann; Hutzel raus der Toud is daus.“
Mit aengstlicher Sorgfalt wachen die Alten darueber, dass die Jungen diesen Tag nicht etwa vergessen. Denn einmal so erzaehlen alte Leute, wurde das Todaustragen unterlassen; da entstand eine furchtbare Seuche, die erst nachliess als man den ‚toten Degen’ mitten im Sommer hinaustrug.
In der jetzigen Zeit wird es fuer den Heimatverein Hettingen, der das Todaustragen seit den 70er Jahren organisiert, schon einmal schwierig einen Traeger zu finden, der bereit ist, den Hutzel Herle zu tragen. Frueher war es oft ein Privileg verschiedener Familien, dies zu tun und ein Junge vom „Unterdoof“ hatte erst gar keine Chance.
Seit der Heimatverein das Todaustragen von Sonntagmittag auf morgens nach der Kirche verlegt hat, findet sich auch jedes Jahr eine grosse Anzahl von Familien mit Kindern ein, die an diesem Brauchtumszug teilnehmen. Viele sind gespannt ob die Puppe dieses Mal lichterloh abbrennt oder nur so dahinqualmt. Dies liegt dann aber am Material der alten Anzuege. Jahrzehnte lang wurde die Puppe von Lydia Kirchgessner und Rita Theobald angefertigt. Seit ein paar Jahren uebernehmen dies nun Petra Scheuermann und Daniela Mueller vom Heimatverein.
Ist der ‚tote Degen’ unter Absingen des Winteraustreiben-Liedes verbrannt, muessen die Kinder nicht mehr von Haus zu Haus springen, um ihren Lohn zu bekommen, sondern bekommen an Ort und Stelle vom Heimatverein Brezeln gestiftet. So wie es jetzt aussieht ist dies ein Brauch in Hettje, der nicht ausstirbt und von Generation zu Generation weitergegeben wird. So lang die Dorfgemeinschaft auch hier aktiv mitmacht, muss man nicht fuerchten, dass althergebrachte Sitten und Braeuche in Hettingen vergessen werden. Feste Braeuche werden so zu wiochtigen Ereignissen in unserem Leben.
Quelle: RNZ 08.03.2002 Tex:t: Gundolf Scheuermann Hettingen, Vorstand Heimatver