Hettingen. (rüb) Eine Entdeckungsreise in längst vergangene Zeiten ermöglicht das Buch „Häuser und Höfe in Hettingen im 19. Jahrhundert“, in das der Autor Kurt Ehmann unzählige Stunden Arbeit investiert hat. „Man spürt, mit wie viel Herzblut und Heimatliebe Du am Werk warst“, lobte Bürgermeister Roland Burger bei der Buchvorstellung am Dienstagabend im Hettinger Rathaus im Beisein zahlreicher Interessierter.
Gundolf Scheuermann, Vorsitzender des Heimatvereins, freute sich in seiner Begrüßung über die Neuveröffentlichung, welche die lange Reihe von Büchern und Schriften des Vereins fortsetzt. Zugleich stelle das Buch den Einstieg in das Ortsjubiläum „1250 Jahre Hettingen“ dar, das im kommenden Jahr groß gefeiert wird (die RNZ berichtete). Weitere Neuerscheinungen mit dem Jubiläumslogo seien zudem in Planung: So soll demnächst das Projekt „Hettemer Sterbebilder“ in Buchform erscheinen, ebenso wie eine „Hettemer Chronik“.
Der Dank Scheuermanns galt Kurt Ehmann, der viel Arbeit auf sich genommen habe, um die in Sütterlin-Schrift verfassten Dokumente auszuwerten. Herausgekommen sei ein zeitloses Werk, das nicht nur für die ältere, sondern auch für die jüngere Generation viel Wissenswertes und Lesenswertes enthalte.
Die Idee entwickelte Kurt Ehmann bei der Lektüre von Heimatbüchern aus der Region, in denen häufig die Besitzerabfolge örtlicher Höfe dargestellt ist. „Das hätte mich auch für Hettingen interessiert“, sagte der Autor und machte sich ans Werk, um diese Lücke zu schließen. Als Quelle diente ihm das Buchener Stadtarchiv, wo die Grund- und Gewährbücher von Hettingen aus dem 19. Jahrhundert archiviert sind. Zudem stieß er im Stadtarchiv auf ein Lagerbuch von Hettingen aus dem Jahr 1798, geschrieben vom damaligen Pfarrer Gottfried Speer. „Dieser Quellenschatz bestand aus dokumentierten Verkäufen, Schenkungen oder Zwangsversteigerungen und war überwiegend gut lesbar“, so Ehmann.
Deshalb erwuchs daraus der Gedanke, aus dem historisch bedeutsamen Material eine Dokumentation zu erstellen. Nachdem der Heimatverein und das Stadtarchiv ihre Unterstützung zugesichert hatten, begann Kurt Ehmann im Spätherbst 2019 mit der Arbeit. Er fotografierte die 33 Grund- und Gewährbücher und die drei Lagerbücher – insgesamt 30 000 Seiten, festgehalten in 15 000 Fotos, wofür der Autor rund 50 Stunden benötigte. Noch viel mehr Zeit habe im Anschluss das Sichten und Auswerten der Dokumente beansprucht: Da das heutige System der Flurstücknummern erst ab 1877 gebräuchlich war, mussten ältere Einträge aufgrund von Lagebeschreibung und Angaben von Nachbarn korrekt zugeordnet werden.
Nachdem das inhaltliche Hauptgerüst stand, habe ihm Dr. Wolfgang Schäfer wertvolle Tipps zu Gliederung und Quellenbeispielen gegeben. Zudem erhält das Buch eine Liste der letzten Hausbesitzer im 19. Jahrhundert, so dass die Leser ihre Vorfahren leichter finden können.
Im letzten Arbeitsschritt machte sich Kurt Ehmann auf die Suche nach alten Fotos von Häusern – mit Erfolg. So ergänzen die Aufnahmen die schriftlichen Quellen und runden das Bild ab. Gedruckt wurde das Buch in einer Auflage von 500 Exemplaren bei der Druckerei Henn + Bauer in Limbach.
Das vorliegende Werk ermöglicht eine spannende Zeitreise ins 19. Jahrhundert: Für jedes Haus, das im Jahr 1900 stand, sind die dokumentierten Besitzübergänge im 19. Jahrhundert in zeitlicher Reihenfolge dargestellt. Was sich für den Nicht-Historiker möglicherweise etwas trocken anhört, stellt eine Fundgrube für alle Heimat- und Geschichtsinteressierten dar.
Denn neben der Aufzählung der Eigentümer sind in den Dokumenten wiederkehrende Muster erkennbar, die viel über das Leben in längst vergangenen Tagen erzählen: Wie wurde der Besitz weitergegeben, wie der Lebensunterhalt im Alter sichergestellt und wie die Kinder versorgt? Daneben gibt es sehr viel zu entdecken, wie etwa den Wohnort des Scharfrichters, die Regelungen bei Tanzveranstaltungen im Gasthaus „Krone“ oder die Stammhäuser der Familien Dittrich, Ellwanger oder Gremminger.
Autor Kurt Ehmann dankte abschließend allen, die zum Gelingen des Werks beigetragen haben, insbesondere Dr. Wolfgang Schäfer und Stadtarchivar Tobias-Jan Kohler.
„Ich ziehe den Hut vor dieser Leistung“, sagte Bürgermeister Roland Burger. Kurt Ehmann habe ein wertvolles Dokument für Hettingen geschaffen. Dies sei auch der Tatsache geschuldet, dass die Dokumente im Buchener Stadtarchiv vorhanden seien, was eine Ausnahme unter den Kommunen darstelle. „Hier profitieren wir von der besonderen Kompetenz im Haus“, betonte der Bürgermeister und nannte Stadtarchivar Tobias-Jan Kohler und dessen Vorgängerin Gerlinde Trunk.
Ortsvorsteher Timo Steichler würdigte die „enorme Arbeit“, die Kurt Ehmann geleistet habe. Er dankte dem Heimatverein und dem Autor für die Pflege der Hettinger Geschichte und nannte das Buch einen „schönen Auftakt des Hettinger Jubiläumsjahrs“.
Info: „Häuser und Höfe in Hettingem im 19. Jahrhundert“ ist zum Preis von 27,50 Euro beim Heimatverein, im Rathaus und bei der Bäckerei Slepkowitz erhältlich.
Beim Heimatverein kann das Buch auch bestellt werden, die Versandkosten kommen zusätzlich hinzu.